Nebelgebilde

Kreischen in der Luft, Vögel fliegen,
der Nebel windet sich in dunklem Reigen,
die düster und feucht gen Himmel zeigen.
„Entfliehe dem profanen Tag, lass ihn liegen!“

Sagt er, vom Biere trunken,
in emotionellen Strudel tief versunken,

legt sich schwer ins fette, grüne Gras,
welches noch vom blassen Nebel nass.
Gedanken schießen von innen in den verhangenen Himmel.
In Hirn und Seele, im Innen, da herrscht Getümmel.

„Ich kann nicht ich sein,“ ruft es in ihm!
„Alles Eigene ist dahin.
Sie haben meinen Untergang eingeleitet.
Die Normen haben meiner Freiheit alles verleidet.

Die Augen der starren Gesellschaft haben mich
beobachtet, seziert, eingeordnet, dabei die Seele zerhackt,
ich bin nur ein gesellschaftskonformes Wrack!
Ausgelöscht haben Sie mein Licht!

Ich bin ein Nicht
Sie denken mich, ich denke nicht!
Sie fühlen mich, ich fühle nicht!“

Doch er nimmt körperlich wahr.
Im Hintergrund der schwarze nebelverschleierte Wald.
Davor ein zerstörtes Auto, mehr unscharf als klar.
Vor ihm der Bach, dunkel murmelnd und kalt.

Flüsternd unterbricht er Stille und Einsamkeit.
Die letzte Sonne sickert durch den dunstigen Glast,
Im Vordergrund, unscharf gerändert, ein alter Telegraphenmast.
Es ist fast Nacht, in scheinbarer Abgeschiedenheit.

Gedankenfetzen an die verlorene Liebe im Gefühlsgewirr!
In zerborstenen Gefühlen vergaß er das Gute an ihr!
Aus der Gefühlsdistanz sah er sie an wie ein exotisches Tier!
Sie hatte ihn verlassen, er lief in die Irr’.

Keine Anker, es war kalt,
nur die Normen gaben Halt.

Aber aus dem Inneren schälte sich etwas  hervor.

Nur noch primitive niedere Lust!
Dieses Hammerpochen in seiner Brust!

Das war stärker als die Normen zuvor!

Das nehmen, was man will frei sein und Bestie sein,
zerschlagen in eigener Not und Pein!
Da hat er am Wald eine dahingemordet, geleitet durch wilde Triebe,
ein Treiben aus exaltiertem Freiheitsrausch und aus enttäuschter Liebe.

Die schwerste Freiheit genommen, die ein Mensch nehmen kann
Mancher der wirklich tierisch ist, das tragen kann.

Nun gab ihm keine geltende Norm mehr Halt,
und am Bach, am Wald, da ist’s so kalt.
Am Morgen fand ihn die Polizei,
er war schon tot.
Einerlei!

Marburg 1981/ Speckswinkel 2007

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