Verblassender Sommer

Warme Lüfte wehen, gelbe Rosen im weißmatten Sonnenlicht,

gegenüber alte europäische Geschichte, die Burg in blasser Sicht.

Dahinter träumt sich der Betrachter den schlängelnden See.

Ist das hier nicht Paradies, warme Sonne auf ausbleichender Haut?

Es ist so friedvoll, gar nicht laut und alles so vertraut.

Die faulend welkenden Blätter rufen in mir tiefstes Weh.

Als hätte mich der Schwarze mit seinem grausigem Atem angehaucht,

der wirkt, als ob sich, im Symbol des Blattes, mein Lebensodem fad‘ verbraucht,

als hätte Seth, das Erzböse, mein Ich zerfasernd, mich angeschaut,

welches hervorbringt, das Verderbte, Kalte,- unsere innere Haut.


Wir sind zusammengehalten vom Firniss und Kleister der Kultur.

Wenn das faulig Böse ausbricht, - was tun wir in unserem Taumel nur?

Wenn es triumphierend bringt die Schreckenszahl des gehörnten Tiers.

Wenn Chaos, Mob und Mord tobt, was dann in diesem Jetzt und Hier?


Wenn wieder nur kalte Formeln das Humanum zur Seite rechen,

wenn wieder heiße und kalte Kriege explodierend ausbrechen,

wenn das dekadente, friedensgewohnte Europa auseinanderbricht,

wie eine vor Fäulnis stinkende, madige Frucht,

und die hervorkriechende Verderbtheit ihresgleichen sucht,

dann suchen wir vielleicht wieder lebenserhaltender Wahrheit Licht.

Nur dann ist: Schicht!


Das faulende Blatt weht im Luftstrom, wie ein torkelndes Kind.

Wir sind, ja wir sind Blätter im böse rauschenden Wind.


August 1993, Waldkappel und Waldeck 04.09.2014

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